Heizen mit Kohle aus dem Riester-Vertrag?


Wir erinnern uns alle an die Wellen, die das Thema „Wärmepumpen“ noch vor Kurzem in den Medien schlug. Auch wenn die weitgehenden Erweiterungen zum Gebäude­energiegesetz zunächst gestoppt wurden, so trat es in seiner ursprünglichen Fassung 2020 dennoch in Kraft und erhielt mit Beginn 2023 eine weitere Aktualisierung. Durch das GEG werden Wohnungs- bzw. Hauseigentümerinnen und -eigentümer dazu verpflichtet, energetische Sanierungsmaßnahmen an den Immobilien durchzuführen, um so den gesetzlichen Mindestanforderungen zu genügen.
Ab Januar 2024 wird es ausdrücklich möglich sein, hierfür Kapital aus einem bestehenden Riester-Vertrag zu entnehmen.

Kapital für Sanierungsmaßnahmen entnehmen: So geht’s!

Am 16.12.2022 wurden Änderungen an §92a Absatz 1 Nummer 3 Einkommenssteuergesetz (EStG) vorgenommen. Damit ist es möglich, Kapital aus einem Riester-Vertrag zum Zwecke von energetischen Sanierungsmaßnahmen zu entnehmen, ohne dass der Vertrag dadurch in schädlicher Weise verwendet wird.
Dabei gelten jedoch bestimmte Voraussetzungen: So gibt es beispielsweise Mindestbeträge von 6.000 Euro, welche innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung oder Herstellung der Immobilie entnommen werden können. Bei späterer Entnahme gilt es einen Mindestbetrag von 20.000 Euro zu beachten. Die Durchführung der energetischen Maßnahmen selbst muss von einem Fachunternehmen ausgeführt und gemäß einem amtlich vorgegebenen Muster von diesem bestätigt werden. Ausdrücklich nicht gestattet sind die Inanspruchnahme von Zuschüssen für die Baumaßnahmen oder aber deren Berücksichtigung als Betriebsausgaben, Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastungen.

Zu beachten ist außerdem, dass mit dem geförderten Altersvorsorgevermögen kein Darlehen getilgt werden darf, welches für energetische Maßnahmen aufgenommen wurde.

Gewusst wie: Nicht jede Maßnahme ist abgedeckt

Was bedeuten nun „energetische Maßnahmen“ genau? Damit sind Maßnahmen im Sinne des § 35c Absatz 1 Satz 3 und 4 EstG gemeint. Beispiele sind die Wärmedämmung von Wänden, Dachflächen oder Geschossdecken, eine Erneuerung von Fenstern und Außentüren oder der Einbau einer Lüftungsanlage; zudem die Erneuerung bzw. Optimierung einer bestehenden Heizungsanlage, sofern diese älter als zwei Jahre ist oder der Einbau von digitalen Systemen zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung.

Zu beachten ist, dass nicht alle energietechnischen Maßnahmen abgedeckt sind. Eine Entnahme von Kapital zur Erneuerung einer Photovoltaik-Anlage, die rein der Stromerzeugung dient, ist ausgeschlossen – für eine Solarthermieanlage zur Warmwassererzeugung jedoch möglich. Das entscheidende Merkmal stellt hier die formale Bestätigung des ausführenden Fachunternehmens dar.

Wichtig zu wissen ist, dass Zuschüsse für beantragte Aufwendungen nicht in Anspruch genommen werden können. Angenommen, eine Sanierung kostet 60.000 Euro, und davon sind 5.000 Euro durch eine BAFA-Förderung bezuschusst, so beträgt der anerkennungsfähige Aufwand lediglich 55.000 Euro. Generell ist es jedoch möglich, mit der Kapitalentnahme auch eine BAFA-Förderung zu beantragen.

Versicherer müssen sich auf erhöhte Nachfragen einstellen

Die Anträge zur Kapitalentnahme können ab dem 01.01.2024 bei der ZfA gestellt werden. Neben den althergebrachten Verfahren per Brief und Fax werden auch Onlineanträge akzeptiert werden. Sowohl für den Antragssteller selbst als auch für die ausführenden Fachbetriebe werden PDF-Vorlagen auf der Website zur Verfügung gestellt werden.

Mit Blick auf potenzielle, zukünftige Gesetzesvorgaben einerseits und der generellen Verteuerung der Energie andererseits ist damit zu rechnen, dass sich das Interesse an baulichen Maßnahmen am Eigenheim zur langfristigen Kostenreduktion vervielfachen wird. Wenn nun der Gesetzgeber hier zusätzliche Anreize schafft, zur Finanzierung bereits vorhandene Riester-Verträge heranzuziehen, müssen sich Versicherer auf stark erhöhte Anfragen nach diesen unschädlichen Wohnungskapitalentnahmen einstellen. Dazu sind stabile und ggf. neue Prozesse in der Abwicklung dieser Anträge erforderlich.

Attraktivität von Riester-Verträgen könnte steigen

Mit der möglichen Kapitalentnahme für energetische Sanierungsmaßnahmen aus Riester-Verträgen reagiert der Gesetzgeber auf die finanziellen Belastungen, die auf Haus- oder Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer in den kommenden Jahren zukommen werden. Die Maßnahme kann eventuell dazu führen, dass die Attraktivität von Riester-Verträgen, bei denen es in den letzten Jahren wenig Neuabschlüsse gab, wieder etwas gesteigert wird. Es ist dabei aber noch abzuwarten, wie das Verfahren in der Praxis umgesetzt werden wird. Für Versicherungsunternehmen bedeutet die Maßnahme eine weitere Komplexitätssteigerung in der Verwaltung von Riester-Verträgen. Im Hinblick darauf, dass in Zukunft weitere Verfahrensänderungen im Riester-Prozess kommen werden, ist die Nutzung einer Standard-Software zur Verwaltung von Riesterverträgen, wie in|sure GovInterface, finanziell sicherlich sinnvoll.

 

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