Ein langer Weg: Nachhaltigkeit bei Versicherern


Nachhaltigkeit ist ein Thema von globaler Bedeutung und gewinnt auch in der Versicherungsbranche zunehmend an Bedeutung, da Versicherungsunternehmen in der Regel langfristige Verpflichtungen eingehen und somit auch langfristig denken müssen.

Im Versicherungswesen umfasst Nachhaltigkeit eine Vielzahl von Aspekten, die darauf abzielen, den langfristigen Erfolg des Unternehmens sicherzustellen und gleichzeitig sozial und umweltverträglich zu handeln. Im Folgenden werden einige der wichtigsten Aspekte der Nachhaltigkeit im Versicherungsunternehmen erläutert.

Nachhaltigkeit als Risikofaktor

Nachhaltigkeit kann im Versicherungsunternehmen ebenso als Risikofaktor wie auch als Chance betrachtet werden. Als Risikofaktor kann Nachhaltigkeit bedeuten, dass es aufgrund von klimabedingten Schäden oder Veränderungen im Geschäftsmodell eines Unternehmens zu erhöhten Versicherungsansprüchen kommt. Ein Beispiel sind Umweltschäden durch Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Waldbrände oder Stürme. Wenn eine Versicherungspolice für Schäden dieser Art nicht ausreichend kalkuliert wurde, können hohe Schadenssummen schnell die finanzielle Stabilität des Versicherungsunternehmens gefährden.

Auch die langfristigen Auswirkungen von Klimawandel und Umweltverschmutzung können Risiken für die Versicherungsbranche darstellen. Steigende Temperaturen und häufigere Extremwetterereignisse führen möglicherweise zu einer erhöhten Schadenshäufigkeit und Schadensintensität. Das stellt für die Versicherungsunternehmen eine Herausforderung dar, da sie für eine ausreichende Risikobewertung und Schadensdeckung sorgen müssen.
Darüber hinaus kann Nachhaltigkeit auch für die Reputation und das Image eines Versicherungsunternehmens von Bedeutung sein. Wenn ein Unternehmen in umweltbelastende Industrien investiert oder unethische Geschäftspraktiken anwendet, kann dies zu einem Vertrauensverlust bei den Kunden führen und das Risiko der Kunden-abwanderung erhöhen.

Auf der anderen Seite lässt sich Nachhaltigkeit auch als Chance betrachten. Versicherungsunternehmen können Nachhaltigkeit in ihr Geschäftsmodell integrieren und innovative, umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen anbieten, die die Kundennachfrage nach umweltverträglichen Versicherungslösungen erfüllen. Dies kann zu einem Wettbewerbsvorteil führen und das Markenimage des Versicherungsunternehmens verbessern.

Nachhaltigkeit als Geschäftsmöglichkeit

Immer mehr Kundinnen und Kunden achten bei der Wahl ihrer Versicherungsprodukte auf nachhaltige Aspekte und erwarten von Versicherern, dass diese sich umweltfreundlicher und sozial verantwortlicher verhalten. Versicherungsunternehmen, die auf diese Nachfrage reagieren und entsprechende Produkte und Dienstleistungen anbieten, haben die Chance, sich von anderen Versicherern zu differenzieren und die Kundenbindung zu stärken. 
Eine Möglichkeit für Versicherungsunternehmen, Nachhaltigkeit als Geschäftsmöglichkeit zu nutzen, ist die Entwicklung von umweltfreundlichen Versicherungsprodukten. Beispielsweise werden Versicherungspolicen für nachhaltige Gebäude angeboten, die umweltfreundliche Technologien wie Solaranlagen, energiesparende Heizungssysteme oder Regenwassersammelsysteme nutzen. Solche Versicherungen sind attraktiver, da sie den Kunden helfen, ihren ökologischen Fußabdruck zu verringern und Kosten zu sparen.

Ein weiterer Bereich, in dem Nachhaltigkeit für Versicherungsunternehmen eine Geschäftsmöglichkeit darstellt, ist die Förderung von umweltfreundlichen Verhaltensweisen bei Kunden. Einige Unternehmen bieten unter anderem Versicherungstarife an, die auf den individuellen Fahrstil des Kunden (ermittelt beispielsweise aus Geschwindigkeit und vorausschauendem Fahren) abgestimmt sind. Kunden, die umweltbewusst fahren, erhalten einen Rabatt auf ihre Versicherungsprämie. Dadurch wird ein Anreiz für umweltbewusstes Verhalten geschaffen und das Versicherungsunternehmen kann von einer reduzierten Schadenquote profitieren.

Zudem können Versicherungsunternehmen auch in nachhaltige Projekte investieren, die ihrer Geschäftstätigkeit zugutekommen. Beispielsweise können sie in erneuerbare Energien oder Energieeffizienzprodukte investieren, um ihr eigenes Geschäft nachhaltiger zu gestalten und gleichzeitig von den Chancen in diesem Bereich zu profitieren.

Nachhaltigkeit als Teil der Unternehmensstrategie 

Nachhaltigkeit ist ein wichtiger Aspekt in der Unternehmensstrategie von Versicherungsunternehmen. Sie trägt dazu bei, den langfristigen Erfolg des Versicherers zu gewährleisten, das Risikomanagement zu verbessern und das Image des Unternehmens zu stärken.

Ein erster Schritt zur Integration von Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie ist die Festlegung von klaren Nachhaltigkeitszielen und -indikatoren, die es dem Unternehmen ermöglichen, seine Fortschritte zu messen und zu verfolgen. Das Unternehmen sollte auch sicherstellen, dass Nachhaltigkeit in allen Geschäftsbereichen und -aktivitäten berücksichtigt wird, einschließlich der Produktentwicklung, des Risikomanagements und der Investitionsentscheidungen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Integration von Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie ist die Schaffung eines Kulturwandels, bei dem Nachhaltigkeit als Grundlage für alle Geschäftsentscheidungen und -aktivitäten betrachtet wird. Hierzu gehört auch die Schulung von Mitarbeitern, um sicherzustellen, dass sie über das Wissen und die Fähigkeiten verfügen, um nachhaltige Entscheidungen zu treffen und die Nachhaltigkeitsziele des Unternehmens zu erreichen.

Eine nachhaltige Unternehmensstrategie kann auch dazu beitragen, die Beziehungen zwischen Versicherungsunternehmen und deren Kunden zu stärken, da Kunden zunehmend Wert auf nachhaltiges Handeln und soziale Verantwortung legen.Versicherungsunternehmen sollten in nachhaltige Projekte und Unternehmen investieren. Ihr Kapital können sie nutzen, um in erneuerbare Energien, umweltfreundliche Technologien und soziale Projekte zu investieren und damit sowohl finanzielle als auch gesellschaftliche Gewinne zu erzielen.
Schließlich sollten Unternehmen auch auf transparente und verantwortungsvolle Geschäftspraktiken achten und sich an international anerkannte Nachhaltigkeitsstandards halten. Dazu gehört auch die Offenlegung von Nachhaltigkeitsleistungen und -berichten.

Nachhaltigkeit als Regulierungsvorschrift 

Die Nachhaltigkeit wird zunehmend als Regulierungsvorschrift in der Versicherungsbranche betrachtet, da Regulierungsbehörden auf der ganzen Welt ihre Anforderungen an Unternehmen verschärfen, um sicherzustellen, dass sie bei der Bewältigung von Umwelt- und sozialen Risiken eine Führungsrolle übernehmen.

Eine wichtige Funktion der Regulierungsbehörden besteht darin, sicherzustellen, dass Versicherungsunternehmen nachhaltige Geschäftspraktiken anwenden und über Risikomanagementsysteme verfügen, um Umwelt- und soziale Risiken zu identifizieren und zu bewältigen. Dies kann dazu beitragen, das Risiko von Schäden durch Umweltverschmutzung und Klimawandel zu reduzieren und die finanzielle Stabilität der Versicherungsbranche insgesamt zu fördern.

Die Europäische Union hat beispielsweise eine Verordnung zur Offenlegung von Nachhaltigkeitsrisiken für Finanzdienstleister im Jahr 2019 verabschiedet, die auch für Versicherungsunternehmen gilt. Die Verordnung sieht vor, das Versicherungsunternehmen ihre Kunden über Nachhaltigkeitsrisiken informieren müssen, die sich aus Umwelt-, sozialen und Governance-Faktoren ergeben. Darüber hinaus müssen sie auch ihre eigene Nachhaltigkeitsstrategien und -praktiken offenlegen, um Transparenz und Vergleichbarkeit zwischen den Unternehmen zu gewährleisten. Des Weiteren schreibt die Verordnung vor, dass Versicherungsunternehmen bei der Investition in Unternehmen und Projekte Nachhaltigkeitsfaktoren berücksichtigen müssen und sicherstellen, dass sie nicht zur Finanzierung von Aktivitäten beitragen, die den Zielen der Nachhaltigkeit widersprechen.
Im Jahr 2020 hat die Europäische Union die Taxonomie-Verordnung verabschiedet. Ziel dieser Verordnung ist es, einheitliche Kriterien festzulegen, die bei der Einstufung wirtschaftlicher Aktivitäten und Investitionen in Bezug auf ihre Auswirkung auf Umwelt und Klima angewendet werden.

Die Verordnung legt sechs Umweltziele fest, die von wirtschaftlichen Aktivitäten und Investitionen unterstützt werden sollten:

  1. Eindämmung des Klimawandels
  2. Anpassung an den Klimawandel
  3. nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
  4. Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
  5. Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
  6. Schutz und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme.

Zusammenfassend kann Nachhaltigkeit in der Versicherungsbranche sowohl als Risikofaktor als auch als Chance betrachtet werden. Durch die Integration von Nachhaltigkeit in ihr Geschäftsmodell sowie in die Unternehmensstrategie können Versicherungsunternehmen langfristigen Erfolg sichern, ihre Risiken besser managen und das Markenimage stärken.

Die BaFin hat eine geschäftsübergreifende Umfrage zum Thema Sustainable Finance durchgeführt und die Ergebnisse in ihrem Bericht Nachhaltigkeit in der deutschen Versicherungswirtschaft zusammengefasst. Diese Umfrage hat gezeigt:
„Der Versicherungssektor ist auf einem guten Weg, aber dieser noch lang.“

Wie die adesso Group Nachhaltigkeit lebt, erfahren Sie hier.


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