Der Höhenflug des Bitcoin sorgt fast wöchentlich für Schlagzeilen. Grundsätzlich, so belegt es eine bitkom-Studie, ist die Finanzbranche der Kryptowährung gegenüber aufgeschlossen. 62 Prozent der befragten Banken und Finanzdienstleister betrachten sie als sichere Alternative zu unserem etablierten Geldsystem.
Während die einen im Bitcoin ein perfektes Beispiel für eine Krytowährung und die Zukunft unseres Geldes sehen, warnen Experten vor dem Platzen einer Spekulationsblase. Unabhängig von dieser Diskussion sollten sich Versicherer aber bereits jetzt mit digitalen Währungen beschäftigen, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Denn der digitale Euro kommt.
Es lässt sich vortrefflich darüber streiten, ob Bitcoins nun eine neue Form des Geldes sind, eine eigenständige Anlageklasse oder eine neue Möglichkeit, Werte aufzubewahren. Fakt ist, dass es sich dabei um ein Kryptogeld auf Basis der Blockchain-Technologie handelt. Von dessen Erfolg hat sich auch Facebook inspirieren lassen und ein Konsortium gegründet, um eine eigene digitale Währung, den Diem (ehemals Libra) zu entwickeln. Ein Vorhaben, das die Bankenwelt aufgeschreckt hat.
Eine Währung in den Händen eines US-Konzerns mit riesiger Reichweite? Für die Kreditinstitute und Zentralbanken alles andere als eine verlockende Zukunft. Und so wurden recht schnell bei der EZB und anderen Instituten Arbeitsgruppen ins Leben gerufen, um sich mit der Digitalisierung unseres Geldes zu beschäftigen. Die Pläne und Vorhaben sind inzwischen so weit fortgeschritten, dass Versicherungsgesellschaften sich jetzt damit beschäftigen sollten.
Der digitale Euro wird kommen
„Wir werden einen digitalen Euro haben“, kündigte die EZB-Chefin Christine Lagarde bereits im Januar an. Wie dieses digitale Zentralbank-Geld (Central Bank Digital Currency, CBDC) konkret aussehen wird, steht allerdings noch nicht fest, da sich die EZB gerade in einer Konsultationsphase befindet, die die Rahmenbedingungen des „digitalen Euro“ festlegen wird. China ist bereits etwas weiter, was die Einführung eines digitalen Yuan betrifft.
Ob und wann erstmals mit einem digitalen Euro in einem Geschäft gezahlt werden kann, steht noch nicht fest. Der Erfolg des Bitcoins und die aktuellen Projekte mit CBDC zeigen, dass sich hier eine deutliche Veränderung des Geldes und des Währungssystems ankündigt. Und dabei handelt es sich um mehr, als nur eine digitale Entsprechung der Scheine und Münzen, die jeder aus dem Alltag kennt. Geld digitalisiert sich: Deshalb sollten sich Versicherer auch um dieses Thema kümmern und erste strategische Überlegungen anstellen.
Programmierbarkeit einer Währung – neue Möglichkeiten in der Assekuranz
Bei der Digitalisierung des Euros steht nicht so sehr im Zentrum, ob die Versicherten ihre Policen damit bezahlen können oder Erstattungen damit erfolgen. Denn das Geld ist in Form des Giralgelds ja längst digitalisiert. Die Veränderungen, auch für die Versicherungswelt, liegen anderswo. Denn der digitale Euro wird „programmierbar“ sein. Und dies eröffnet völlig neue Anwendungsoptionen in Sachen Payment oder Treasury.
Die Digitalisierung sorgt beispielsweise dafür, dass zwischen Lieferanten und Produzenten viele Bestellprozesse bereits heute automatisiert erfolgen. Nur der Bereich des Bezahlens ist davon losgelöst. Er findet außerhalb der beteiligten Systeme statt, da hier Intermediäre, in diesem Fall die Banken, benötigt werden. Die Programmierbarkeit einer digitalen Währung schafft hier das Potenzial einer deutlich stärkeren Automatisierung. Die Leistung und die Gegenleistung könnten somit auf der gleichen Plattform abgewickelt werden: deutlich schneller als bisher.
Auch in Hinblick auf Pay-per-Use-Geschäftsmodelle eröffnet eine Programmierbarkeit neue Möglichkeiten und schafft mehr Sicherheit, da direkte Beziehungen zwischen Anbieter und Nachfrager bestehen.
Machine-2-Machine-Payments könnten deutlich mehr Fahrt aufnehmen. Ein klassisches Beispiel ist das Fahrzeug, dass direkt mit der Zapf- oder Ladesäule kommuniziert. Und auch beim internationalen Zahlungsverkehr würden Zahlungen schneller und günstiger abgewickelt werden.
Ein letztes Beispiel: Nicht zuletzt im Bereich der Rückversicherung wird dem „Smart Contracting“, also der automatisierten Abwicklung von Verträgen auf Basis der Blockchain viel Potenzial eingeräumt. Der programmierbare digitale Euro würde die smarten Verträge um die Dimension des Payments ergänzen.
Das mag zunächst nach Science-Fiction klingen. Die EZB hat sich aber durchaus sportliche Ziele beim Thema CBDC gesetzt. Deswegen sind Versicherungsgesellschaften gut damit beraten, bereits heute ihre Optionen zu prüfen, sich am Diskussionsprozess um die Digitalisierung des Euros zu beteiligen und um mögliche neue Geschäftsmodelle zu kümmern. Bevor es ein anderer tut.
Sie möchten mehr über die Auswirkungen von Blockchain sowie weiteren Megatrends wie Big Data und Künstliche Intelligenz auf die Versicherungsbranche erfahren? Kontaktieren Sie unseren Experten Karsten Schmitt, Head of Business Development.
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