Keine Eltern, keine Lehrer*innen, ein eigener Ort gemeinsam mit anderen jungen Menschen, an dem alle gemeinsam an ganz individuellen Projekten arbeiten können – das ist Jugend hackt. Eigentlich holt das Programm die Jugendlichen ganz bewusst aus ihrer üblichen Umgebung heraus.
Die Events finden von Freitag bis Sonntag statt, und auch wenn sie mit einer öffentlichen Präsentation von Apps und anderen Prototypen enden, ist klar: Viel wichtiger als jede geschriebene Codezeile sind die neuen Freundschaften und die Erfahrung, gemeinsam und auf Augenhöhe an etwas gearbeitet zu haben.
Die Begegnung und die räumliche Nähe sind daher ein ganz wichtiger Bestandteil der DNA von Jugend hackt. Online-Kurse hatte das Förderprogramm bisher nicht im Angebot, wodurch die Corona-Pandemie das Team vor eine ganz besondere Herausforderung stellte: Lässt sich das Wochenendformat überhaupt ins Internet übertragen?
Nach mittlerweile vier Events, die komplett online stattgefunden haben, kann man sagen: Ja – aber … Nicht alles klappt eins zu eins und man muss andere Schwerpunkte setzen. Drei Learnings von Jugend hackt, die sich in den letzten Monaten herauskristallisiert haben:
Erkenntnis 1: Die Tools müssen einfach funktionieren. Inzwischen kennen wir alle den Frust, für den misslungene Videokonferenzen und Konferenzcalls sorgen können. Was mit fünf Menschen noch geht, kann mit 30 oder mehr Teilnehmer*innen schnell zur Geduldsprobe werden. Das bedeutet: Vorher alles genau testen, und dann noch einmal testen. Auf jeden Fall einen Termin vor dem Beginn der eigentlichen Veranstaltung ansetzen, bei dem jede*r Teilnehmer*in ausprobieren kann, ob es geht – und wenn nicht, in Einzelbetreuung das Problem lösen.
Technikprobleme gibt es auch auf klassischen Vor-Ort-Veranstaltungen, aber in dem Fall sind immerhin schon alle Menschen in einem Raum und können sich miteinander unterhalten, bis es losgeht. Der Zeitplan leidet, aber niemand geht verloren.
Ist dagegen ein online Teilnehmender von der Kommunikation abgeschnitten, ist das Gemeinschaftsgefühl sofort weg, stattdessen beginnt eine unentspannte Fehlersuche, Stress kommt auf. Es besteht die Gefahr, dass der oder die Jugendliche aufgibt und abbricht.
Erkenntnis 2 hängt damit zusammen: Man benötigt online mehr Mentor*innen, die die Jugendlichen auf dem Event begleiten. Bei regulären Jugend hackt-Events gibt es einen Betreuungsschlüssel von etwa eins zu drei, das heißt, ein Erwachsener unterstützt rechnerisch rund drei Jugendliche.
Online hat sich dagegen ein Betreuungsschlüssel von 2 oder sogar 1,5 als sinnvoll erwiesen: Beim letzten Jugend hackt-Event im September kamen 20 Mentor*innen auf 30 Jugendliche. Einer der Gründe wurde oben schon angeschnitten: Es ist online viel schwieriger, niemanden im Laufe des Wochenendes zu verlieren.
Bei Präsenzangeboten reicht oft ein Blick in den Gruppenraum: Alle sind da, alle sind beschäftigt. Wenn ein Jugendlicher unzufrieden oder demotiviert ist, fällt es schnell auf und die Mentor*innen können in einem spontanen Einzelgespräch auf die Probleme eingehen.
Bei Online-Veranstaltungen ist dieser Blick nicht möglich. Wenn ein Jugendlicher fehlt, ist unklar, ob er vertieft am eigenen Projekt arbeitet oder gerade nur eine Pause macht – oder ob er einfach ohne (erkannte) Rückmeldung aufgegeben hat.
Auf den Online-Events von Jugend hackt hat es sich daher ergeben, dass ein Erwachsener fast ständig durch alle virtuellen Räume geht, nachzählt und im Zweifelsfall den Teilnehmer*innen nachtelefoniert, um zu fragen, wie es ihnen geht. Natürlich darf jede*r Jugendliche jederzeit aussteigen, aber wenn dies allein aus Frust über technische Probleme oder ungelöste Kommunikationshürden passiert, ist es schade für alle.
Erkenntnis 3: Für das richtige Jugend hackt-Flair braucht es mehr als nur einen Video-Call und gemeinsam bearbeitbare Dokumente. Es sind viele Kleinigkeiten, die die Vor-Ort-Events ausmachen: Dazu gehört die über die Jahre verfeinerte Methode zur Ideenfindung, die vor der Projektphase kommt, aber auch Aspekte wie die richtige Dekoration.
Normalerweise entwickeln die Jugendlichen am Freitagabend Projektideen, halten sie auf großen Plakaten fest und stellen diese innerhalb einer Minute vor. Die Plakate hängen dann an den Wänden, können von anderen Jugendlichen kommentiert werden und bilden am Samstagmorgen schließlich die Basis für die Projektarbeit.
Wie kann man diese Plakatgalerie online abbilden? Hanno aus dem Organisationsteam von Jugend hackt in Hamburg war nicht damit zufrieden, dass die Jugendlichen sich durch eine Reihe von schmucklosen Textdateien klicken sollten und programmierte extra für Jugend hackt ein Tool, das die Projektvorschläge als digitale Plakate zeigt, an denen man dann im Browser entlangspazieren kann.
Online Plakatgallerie bei Jugend hackt (CC-BY 4.0 Jugend hackt, Foto: Hanno Sternberg)
Eine weitere Idee von Hanno: Virtueller Applaus für den Livestream am Ende der Veranstaltung, bei dem alle Jugendlichen ihre Projekte vorstellen. Dazu programmierte er eine Leiste mit verschiedenen Emojis, die unter dem öffentlichen Video eingeblendet wird. Ein Klick auf ein „Applaus“-Emoji erzeugt eine Grafik, die dann sowohl im Stream sichtbar als auch in den Videocall mit den Jugendlichen eingespielt wurde. So war es nicht ganz so komisch, ganz ohne echtes Publikum nur für die Webcam zu präsentieren.
Im Livestream konnte man dann auch einige der Goodies sehen, die alle Teilnehmer*innen vorab per Post erhalten hatten: Die limitierten Sticker, die es für jedes Event gibt und dazu als Bonus dieses Jahr für jede*n eine Mund-Nasen-Maske mit Jugend hackt-Logo. Die Mentor*innen hatten außerdem alle ein extra gestaltetes T-Shirt bekommen. Das alles ist nicht einfach nur Merchandise. Es sind kleine Aufmerksamkeiten, die alle Beteiligten noch länger an dieses Wochenende erinnern werden.
Das nächste Event findet vom 27. bis 29. November 2020 auch diesmal digital statt!
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