Versicherungen verkaufen – neue Vertriebswege und Kooperationen

Versicherungen verkaufen – neue Vertriebswege


Wie gelingt es Versicherern und deren Vertrieben in der Zeit nach der Pandemie weiterhin ihre Produkte zu vertreiben? Wie können neue Vertriebswege für die Zukunft aussehen?

Die vergangenen zwei Jahre haben die Versicherungsvertriebe vor große Herausforderungen gestellt. Persönliche Beratung im Umfeld der Kundinnen und Kunden oder im Maklerbüro wurden unmöglich. Stattdessen orientierten sich die Menschen um: Informationen werden inzwischen auch von Bevölkerungsgruppen online gesucht, die diesen Zugangsweg bisher selten genutzt hatten. Die wichtige Frage für Versicherer im Post-Covid-Zeitalter lautet, wie nun Versicherungsprodukte in diesem geänderten Umfeld vertrieben werden können.

Wachsende Bedeutung des Online-Vertriebs

Die Erfahrungen während der Pandemie haben in zahlreichen Branchen zu einer massiven Verschiebung in Richtung der Online-Welten geführt. Aktuell deutet nichts darauf hin, dass es sich bei der stärkeren Nutzung um eine temporäre Erscheinung handelt. Die Bedeutung des Online-Vertriebs für Versicherer nimmt in diesem Zuge also noch weiter zu. Gegenüber dem Handel (etwa Möbel, Accessoires, Kleidung und Lifestyle) haben es Versicherer hier naturgemäß schwerer. Während Handelsunternehmen in sozialen Netzwerken wie Instagram ihre Inspirationen und Produktvorschläge unterbreiten können, trifft noch immer ein Satz von Christian Mumenthaler zu, Group Chief Executive Officer der Swiss Re: „Kein Mensch setzt sich abends hin und hat Spaß daran, sich eine neue Police auszusuchen.“ Umso wichtiger wäre es also, dass der Online-Produktabschluss reibungslos klappt und einfach ist. Hier sehen sich die Versicherer in ihren Prozessen auch gut aufgestellt. Wie eine jüngst veröffentlichte Studie allerdings zeigt, unterscheidet sich die eigene Wahrnehmung der Versicherer deutlich von den Erfahrungen der Kundinnen und Kunden. Die Prozesse für den Online-Vertrieb mögen technisch reibungslos funktionieren. Solange aber die Versicherten daran scheitern, sich über die aus ihrer Sicht wichtigen Sachverhalte zu informieren, gibt es noch reichlich Verbesserungspotenzial.

Contextual und Embedded Insurance im Aufwind

Weil Versicherungen nach wie vor mit dem Image kämpfen, besonders kompliziert zu sein, können Vertriebsmodelle, die unter den Begriffen „Contextual“ respektive „Embedded Insurance“ zusammengefasst werden, gute Erfolgsaussichten haben. Die Idee ist bekannt: Der Abschluss der Versicherung wird im Rahmen eines anderen Produktkaufs oder des Beauftragens eines Services eingebunden. Beispiele sind die Garantieverlängerung beim Gebrauchtwagenkauf, wie sie etwa der Neoversicherer Element anbietet. Oder Apple Care, das Schäden an der Hardware versichert und nur während eines engen Zeitfensters beim Kauf eines Apple-Produkts abschließbar ist. Es kann auch die parametrische Cyberversicherung sein, die beim Abschluss eines Hosting-Vertrags mit einem Cloud-Anbieter eine Zusatzofferte darstellt.

Die Kundschaft muss sich also nicht an die Versicherung wenden – die Versicherung tritt vielmehr im Umfeld eines anderen Angebotes auf. So will etwa das Insurtech AutoProtect über eine Kooperation mit Nissan Financial Services den Abschluss der Kfz-Versicherung direkt in das Autohaus bringen.

Die Zusammenarbeit mit Insurtechs kann an dieser Stelle sinnvoll sein, gerade wenn es sich um sogenannte B2B2C-Anbieter handelt, die es auch Branchenfremden ermöglichen wollen, Versicherungsprodukte anzubieten. Gerade weil sie üblicherweise über eine moderne technische Grundlage verfügen, die auf (offenen) Schnittstellen basiert, fällt es ihnen leichter, die Versicherungsprodukte in anderen Kontexten zu platzieren. In diese Richtung geht auch die Kooperation zwischen der Huk-Coburg und Neodigital, die ein Joint Venture rund um die Autoversicherung gegründet haben.

Chancen erwachsen ebenso aus besonders einfachen Versicherungen, die auf Parametrik basieren. Da die Schadenfeststellung an feste Ereignisse geknüpft ist und die Deckungssummen üblicherweise fest gedeckelt sind, lassen sich solche Policen auch einfacher in andere Produkte integrieren.

Bancassurance erlebt zweite Chance

Eine interessante Entwicklung der vergangenen Monate lässt eine Renaissance von „Bancassurance“ erkennen. Erste Versuche, Versicherungen im Umfeld von Bankdienstleistungen zu vertreiben, gab es ja bereits in den 90er-Jahren. Beide Seiten hatten seinerzeit entsprechende Kooperationen wieder auslaufen lassen: zu wenig Ertrag bei zu viel (Beratungs-)Aufwand. Indes fanden viele Versuche noch in der Zeit der klassischen Filialberatung statt.

Seitdem hat sich „Banking“ immer stärker in die Online-Welt verlagert. Heute sind „Neo-“, „Smartphone-“ und „Digitalbanken“ – alle unter der Bezeichnung Fintech zusammengefasst – überaus erfolgreich. Das bekannteste Beispiel ist dabei sicherlich N26. Sie alle profitieren von der Öffnung der PSD2-Schnittstelle, dem konsequenten Einsatz von APIs und der Nutzung der Cloud. Somit verfügen sie über mehrere wichtige Assets: stringente sowie vollständig digitalisierte Prozesse, Kundenzugang und Kundendaten.

Gerade die Kontodaten können sich im Versicherungsvertrieb als wertvoll erweisen, da sich daraus Informationen für das Marketing und konkrete Produktvorschläge gewinnen lassen. Das scheint auch den Nerv der Kunden zu treffen, die zunehmend erwarten, Produktangebote auf Basis dieser Daten zu erhalten. Beispiele für Bancassurance gab es in den vergangenen Monaten zur Genüge. Die Neobank Revolut bietet in ihrer App nun auch Versicherungen rund um das Haustier an, das Kontoangebot Qonto, das sich an KMU und Selbstständige wendet, erweitert das Kontomodell um Versicherungen. Und mit der Signal Iduna beteiligt sich der zehntgrößte Versicherer Deutschland an einer Digitalbank. Im Rahmen dieser Kooperation wird Penta auch als Vertrieb für den Versicherer agieren.

Mit der weiter konsequenten Digitalisierung ihrer Prozesse, einer stärkeren Kundenzentrierung der eigenen Online-Antragsstrecken sowie Kooperationen mit Dritten ergeben sich für Versicherer auch in der Zukunft viele Vertriebschancen, die nur genutzt werden müssen.

Sie möchten über die Digitalisierung von Versicherungen sprechen? Dann kontaktieren Sie gerne unseren Experten Karsten Schmitt, Head of Business Development bei adesso insurance solutions.

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