Prüfung der medizinischen Notwendigkeit – was hat es damit auf sich? Die Frage über die medizinische Notwendigkeit ist ein zentraler Prüfbestandteil bei der Anspruchsprüfung und Berechnung von Leistungen aus der privaten und gesetzlichen Krankenversicherung.
Hierbei geht es um die fachliche Beurteilung durch die Experten der Abrechnungsabteilung einer Krankenversicherung, ob eine medizinische Behandlung in ihrer Form und ihrem Umfang zum diagnostizierten Beschwerdebild des Patienten angemessen und verhältnismäßig berechnet wurde. Der Zweck dieser Prüfung der medizinischen Notwendigkeit ist es, die für die Versichertengemeinschaft angefallenen Kosten für die Behandlungen stets in einem verhältnismäßigen Rahmen zu halten und Falsch- sowie Überbehandlungen rechtzeitig zu erkennen.
Wie sieht der aktuelle Stand bei der Prüfung der medizinischen Notwendigkeit aus?
Sowohl bei gesetzlichen als auch bei privaten Krankenversicherungen übernehmen diese verantwortungsvolle Aufgabe die Experten aus den Leistungsbereichen. Die Beurteilung, ob die medizinische Notwendigkeit für eine Behandlung gegeben ist oder nicht, wird in den meisten Fällen durch langjährig erfahrene Experten mit medizinischen Kenntnissen in manuellen Prüfungen vorgenommen. Die Schwierigkeit dabei ist, dass sie die Entscheidung lediglich anhand des Abgleichs der gestellten Diagnose mit den vom Arzt in Rechnung gestellten Gebührenziffern, welche die Leistungsbeschreibung darstellen, treffen müssen. Aufgrund unterschiedlicher Wissensstände und der Tatsache, dass es sich stets um individuelle Entscheidungen handelt, kann es bei der Prüfung der medizinischen Notwendigkeit zu unterschiedlichen Bewertungen und daraus resultierenden Entscheidungen eines gleichen Sachverhaltes kommen. Weiterhin ist für den Abrechnungsprozess insgesamt ein hoher Anteil an fachlich geschulten Personal- und Zeitaufwand notwendig.
Zwar ist das geschilderte Problem bei den geschlossenen Leistungskatalogen der gesetzlichen Krankenversicherungen nicht so gravierend, da die Behandlungen und dazugehörigen Abrechnungsvorgänge zwischen den Ärzten und den gesetzlichen Krankenversicherungen streng geregelt sind. Dennoch können auch die gesetzlichen Krankenversicherungen von mehr KI-Einsatz in den Abrechnungssystemen profitieren.
Ganz anders verhält es sich in der privaten Krankenversicherung. Durch die offenen Leistungskataloge der einzelnen Tarife einer privaten Krankenversicherung sind keine fixen Behandlungsrichtlinien, Abrechnungsmodalitäten und Gebührensätze vereinbart. Vielmehr bestehen für die Ärzte und Krankenhäuser sowohl bei der Behandlung als auch bei der Abrechnung größere Freiheiten und Spielräume. So müssen private Krankenversicherer für jeden Leistungsantrag des Kunden die Voraussetzungen für die Kostenerstattung anhand der vorliegenden Gegebenheiten neu prüfen und dabei auch die medizinische Notwendigkeit der Behandlung bewerten.
KI kann den Prüfprozess unterstützen
Um sowohl die Vereinheitlichung von individuellen Entscheidungen aus den manuellen Prüfprozessen durch die Experten der jeweiligen Leistungsbereiche als auch die Prozessgeschwindigkeit und Qualität in der Bearbeitung von Leistungsanträgen zu erhöhen, können Krankenversicherer KI-Unterstützungen in den Abrechnungssystemen einbauen.
Zusätzlich zu den bereits eingesetzten gebührenrechtlichen Prüfungen der ausgelesenen Rechnungsdaten sind moderne und leistungsstarke Systeme in der Lage, den Abgleich der eingereichten und ausgelesenen Kundenbelege mit der bestehenden Tarifwelt einer Krankenversicherung vollautomatisch und die Anspruchsberechnung fallabschließend durchzuführen. Die festgeschriebenen Algorithmen erlauben hierbei neben der deutlichen Erhöhung der Produktivität ein gestiegenes Maß an Einheitlichkeit in den getroffenen Entscheidungen.
Die Prüfung der medizinischen Notwendigkeit kann ebenfalls in den automatischen Abrechnungsprozess integriert werden. Durch KI gestützte OCR-Software lässt sich die Auslesequalität sowohl auf Rechnungstabellen als auch auf unstrukturierte Daten sowie freie Texte ausweiten. So können zum einen innerhalb einer Rechnung die Leistungsbeschreibungen der abgerechneten Gebührenziffern mit der aufgeführten Diagnose nach einem festen Regelwerk abgeglichen und eine Entscheidung für die Erstattung getroffen werden. Zum anderen ist es möglich, sogar OP-Berichte mit den dazugehörigen OP-Rechnungen hinsichtlich der Plausibilität der abgerechneten Leistungen zu überprüfen.
Geht man einen Schritt weiter, können die durchgeführten Behandlungen ebenfalls mit den Behandlungsrichtlinien der kassenärztlichen Bundesvereinigung verglichen werden, um zu bewerten, ob die durchgeführte Behandlung bei der gegebenen Diagnose verhältnismäßig erfolgte.
Durch die beschriebenen KI-Unterstützungen werden die Experten der Leistungsbereiche quantitativ wie qualitativ entlastet und die Entscheidungsprozesse vereinheitlicht.
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