Herausforderungen in der Lebensversicherung

Herausforderungen in der Lebensversicherung


Die deutschen Lebensversicherer standen in ihrer langen Geschichte wohl noch nie vor dermaßen vielen Herausforderungen wie heute. Eine Bestandsaufnahme und der Versuch, Wege aus der Situation aufzuzeigen.

Die Lebensversicherung galt über Jahrzehnte als Fels in der Brandung der deutschen Versicherungswirtschaft. Schließlich war sie einmal die beliebteste Altersvorsorge der Deutschen. Inzwischen ist die Zukunft der Produktgattung mehr als ungewiss.

Niedrigzinsen und demografischer Wandel

Zu den größten Herausforderungen im Bereich Leben zählen die niedrigen Zinsen an den Kapitalmärkten. Und spätestens mit Eintritt der Pandemie dürften die Zeiten vorbei sein, diese lediglich als Phase anzusehen. Die weltweit durch Lockdowns und Infektionsgeschehen eingetretene Schwäche der Konjunktur und der ungewisse Zeitpunkt einer Erholung lassen die finanzielle Zukunft äußerst ungewiss erscheinen.

Um auf eine Lebensversicherung als Teil der Altersvorsorge zu setzen, gab es auch Sicht der Versicherten zwei wesentliche Argumente. Die Aussicht auf eine garantierte Mindestverzinsung („Garantiezinssatz“) und das Versprechen, wenigstens die eingezahlten Prämien zurückzuerhalten. Die anhaltenden niedrigen Zinsen an den Kapitalmärkten behindern indes Möglichkeit für die Versicherer, diesen Zinsversprechungen nachzukommen.

Das gilt auch für die garantierte Rückzahlungssumme. Denn wenn für Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren der Zinssatz aktuell bei -0,5 Prozent liegt, müssen die Kunden faktisch einen Wertverlust in Kauf nehmen.

Es sieht also danach aus, dass gleich zwei der wesentlichen Verkaufsargumente für die Lebensversicherung erodieren. Für die Versicherer ohnehin schon unangenehm genug, haben viele Gesellschaften noch Verträge im Bestand, deren Zinsversprechen aus besseren wirtschaftlichen Zeiten zu erfüllen sind.

Keine völlig neue Entwicklung, die aber dennoch stark auf die klassische Lebensversicherung wirkt, ist der demografische Wandel. Der sinkende Anteil junger Menschen in der Bevölkerung limitiert auf natürliche Weise das Neugeschäft. Es gibt schlicht immer weniger Menschen, die sich mit dem Thema Altersvorsorge beschäftigen müssen. Zumal die jüngeren und aufgeklärten Konsumenten das Geschehen an den Kapitalmärkten ebenfalls verfolgen. Die Lebensversicherung gilt zunehmend als unattraktiv.

Legacy-Systeme und Regulatorik als zusätzliche Erschwernisse

Nur der Vollständigkeit halber sollen an dieser Stelle noch zwei weitere Beschwernisse für die Lebensversicherer erwähnt werden. Zum einen die Regulatorik: Angefangen von der DSGVO, über die Vorgaben zu Eigenkapitalquoten und das Betriebsrentenstärkungsgesetz bis hin Provisionsdeckeln gibt es ein umfangreiches Rahmenwerk, das umgesetzt und überwacht werden muss. Und dessen Umsetzung und Abbildung in der IT der Versicherer enorme Aufwände mit sich bringt.

Und damit fällt der Blick auf das zweite große Hindernis im Alltag der Lebensversicherer. Gerade etablierte Gesellschaft mit einem umfangreichen Bestand an Alt-Verträgen sehen sich der Mühe gegenüber, die Daten aus den teilweise historisch gewachsenen Legacy-Systemen in eine einheitliche IT-Struktur zu überführen.

Wie sehen mögliche Lösungswege aus?

Wie jedem anderen Unternehmen, dessen Produkte einer ähnlichen Belastung ausgesetzt sind, bleiben Versicherern im Bereich Leben damit drei strategische Handlungsoptionen.

  • Der Rückzug aus dem Segment, also die klassische Exit-Strategie. Das umfasst also die Einstellung des Neugeschäfts und möglicherweise sogar die Weitergabe des Bestands.
  • Die Fokussierung auf ein bestimmtes Produkt, eine Zielgruppe oder einen Vertriebsweg. Das reduziert die Komplexität und damit auch die Kosten.
  • Beibehaltung des bisherigen Sortiments und Vertriebswege. Dies ist angesichts der Herausforderungen ohne Zweifel der anspruchsvollste Weg, der mit operativen Maßnahmen gestützt werden muss.

Zu diesen operativen Maßnahmen gehören die bereits geschilderten Verbesserungen in der IT, um dauerhaft Kosten zu reduzieren. Abbau von Silos, Zusammenführen von Bestandssystemen und Entwicklung neuer Wege zur Ansprache von Kundinnen und Kunden auf digitalen Kanälen.

Wie gezeigt, lassen sich die klassischen Modelle in der Lebensversicherung nicht mehr weiter aufrechterhalten. Somit ist es also notwendig, auch etwas auf der Produktseite selbst zu unternehmen. Ein Weg liegt in der Schaffung von Hybrid-Produkten, die auf die Bruttobeitragsgarantie verzichten. Das eröffnet aus Kundensicht durchaus Chancen, denn somit kann risikoreicher, aber möglicherweise rentabler investiert werden (beispielsweise in Instrumente wie ETF).

Solche Produkte lassen sich auch in Bezug auf die Risikoklassen von Kunden entwickeln. Risikoaverse Versicherte wählen dann möglicherweise eine Police, die 60 Prozent Beitragsgarantie, aber weniger Renditeaussichten offeriert, während renditeorientierte Kundinnen und Kunden höhere Verluste in Kauf nehmen.

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