Mit Chatbots bleiben Versicherer für die Kunden rund um die Uhr via Messenger und WhatsApp erreichbar. Die Systeme nehmen Schadenmeldungen entgegen oder antworten auf Routineanfragen, flexibel wie es moderne Konsumenten heute erwarten. Aber es fehlt Ihnen noch eine Kleinigkeit.
Der moderne Kunde will mit seiner Bank oder Versicherung heute nicht mehr zu starren Bürozeiten kommunizieren, sondern wann und wo es ihm passt, um schnell Informationsmaterial zu einem Tarif abzurufen oder möglichst zeitnah einen Schaden zu melden. Mit dem Einsatz von Chatbots bieten Versicherer ihren Kunden einen rund um die Uhr geöffneten, asynchronen Kommunikationskanal. Die auf Sprache trainierten Algorithmen erkennen zuverlässig die Bedeutung der Nutzereingaben und reagieren entsprechend auf die Anlässe, auf die sie programmiert worden sind. Und doch bleiben sie für die Konsumenten mühelos als Maschinen erkennbar.
Beim „Turing-Test“ fallen Chatbots noch durch
Woran es aktueller Chatbot- und Spracherkennungstechnologie derzeit noch mangelt, ist jeder Funken menschlicher Empathie. Der maschinelle Mitarbeiter erkennt nicht, ob der Kunde aufgeregt oder nervös ist, ob er eine sachliche Frage stellt oder „Dampf“ ablassen will. Mit stoischen Antworten innerhalb eines Entscheidungsbaums, so variantenreich diese auch programmiert worden sind, bleiben Chatbots als Maschinen erkennbar. Selbst aktuelle Systeme dürften auch heute noch beim bekannten „Turing-Test“ durchfallen.
Bei diesem bereits 1950 erdachten Szenario versucht eine Maschine, einen Menschen nur durch Kommunikation davon zu überzeugen, ebenfalls ein Mensch zu sein. Stellt der Proband keinen Unterschied fest, müsste der Maschine das Denkvermögen eines Menschen unterstellt werden.
Der „blinde Fleck“ in Sachen Emotionen kann in Konsequenz kontraproduktiv sein. Der Kunde reagiert anders auf eine Botschaft, je nachdem ob er aufgebracht oder ruhig ist, ob er bisher positive Erfahrungen mit dem Unternehmen gesammelt hat oder schon einmal ein negatives Erlebnis hatte.
KI wird Emotionen erkennen
Um diese Schwäche von Chatbot-Systemen zu beheben, wird weltweit sehr intensiv daran gearbeitet, KI auf die Erkennung von Emotionen zu trainieren. Kein leichtes Unterfangen. Während bei einem Sprachsystem ja bereits die Lautstärke und der Tonfall die Stimmung eines Anrufers signalisiert, ist das bei rein textbasierter Kommunikation verständlicherweise deutlich schwieriger. Indikatoren können hier beispielsweise die Tippgeschwindigkeit und Fehlerquotienten sein. In beiden Fällen weisen die vom Nutzer verwendeten Ausdrücke und Redewendungen auf seine Stimmung hin.
Das allein kann eine solide Basis sein, um dem System Hinweise auf den richtigen Umgang mit dem Kunden zu liefern. Doch erst durch die Anreicherung mit Meta-Informationen ergibt sich dann ein vollständigeres Bild. Ein offener Fall in der Kundenhistorie oder eine bereits erfolgte Reklamation ordnen die Anfragen des Versicherten besser ein.
Bots müssen mehr über den Kunden wissen
Damit der Bot also adäquat auf den Kunden reagieren kann, muss er die eigentliche Semantik der Anfrage verstehen, diese einordnen und passende Antworten geben oder Maßnahmen einleiten. Das System muss den Kunden „verstehen“, also einordnen können, ob ein beschwichtigender Ton nötig ist oder die Anfrage besser sofort an einen Menschen weitergeleitet werden sollte. Dazu ist es aber notwendig, den Kunden zu „kennen“, also möglichst umfassenden Zugriff auf alle im Haus gespeicherten Daten des Versicherten zu haben. Dazu bedarf es eines freien Datenaustausches zwischen Kernsystemen und weiteren Datenspeichern. Und bekanntlich sind leider noch längst nicht alle Silos in den Versicherungsgesellschaften abgebaut. Es bleibt also noch etwas zu tun, damit auch Chatbots empathischer werden. Der Abbau von Datensilos bietet Versicherern aber bereits heute viele Vorteile. Deswegen sollte das Thema mit Hochdruck angegangen werden.
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