Während des Lockdowns und dem damit verbundenen Stillstand des öffentlichen Lebens standen die Vertreter der Versicherungsgesellschaften vor dem gleichen Problem wie Handel und andere Dienstleister: Wie lassen sich Kunden erreichen, wenn die direkte Kommunikation von Angesicht zu Angesicht nicht möglich ist? Die Beratung per Video erscheint ein gangbarer Weg. Gekommen, um zu bleiben?
Kontaktverbote und das Herunterfahren des öffentlichen Lebens trafen alle Unternehmen in Deutschland unvorbereitet. Stationäre Händler, die gewohnt sind, dass die Kunden zu ihnen in den Laden kommen, wurden durch die bundesweiten Geschäftsschließungen vor Probleme gestellt. Dies galt ebenso für freie Finanzvermittler und Außendienstmitarbeiter von Versicherungsgesellschaften: Wie können Kunden weiter beraten werden, wenn der persönliche Kontakt nicht mehr möglich ist?
Boom bei Video-Lösungen
Die wegen der Pandemie beschlossenen Beschränkungen des öffentlichen Lebens im März und April führten zu einer bisher nicht gekannten Nachfrage nach Anwendungen für Videokonferenzen und Videotelefonate. Zu den bekanntesten Beispielen zählt die Videosoftware Zoom, die einen regelrechten Höhenflug erlebt. Mitbewerber wie Google und Microsoft sahen sich daher gezwungen, ihre Business-Angebote zumindest vorübergehend für private Nutzer freizuschalten und an der Preisschraube zu drehen.
Vom wackeren Handwerksmeister wie dem Fliesenhändler Leibfried[1] bis zum international bekannten Taschenhersteller Freitag[2] stampften Unternehmen über Nacht Lösungen aus dem Boden, um die Kunden per Video zu erreichen. Wohl den Versicherungsgesellschaften, Maklerpools und freien Vertretern, die sich mit dem Thema beschäftigt hatten. Sie standen in der Krise besser da.
Die Pools Aruna, Fonds Finanz oder SDV boten ihren Geschäftspartnern im Rahmen einer Soforthilfe die Option, auf dem Markt befindliche Lösungen für die Video-Kommunikation kostenlos einzusetzen. Dieses Glück hatten indes nicht alle Marktteilnehmer.
Corona beschleunigt die weitere Digitalisierung
Inzwischen sind die Kontaktbeschränkungen und Geschäftsschließungen aufgehoben. Also wieder Entspannung an den digitalen Fronten? Mitnichten! Denn die Rückkehr in die vor Ausbruch der Pandemie gekannte Normalität scheint zunächst nicht möglich. Derzeit ist zu wenig über das Virus und den weiteren Fortgang des Infektionsgeschehens bekannt, von einem fehlenden Impfstoff (so es denn je ein wirksames Mittel geben wird) ganz zu schweigen. Gesellschaft und Wirtschaft werden lernen müssen, sich in einem „New Normal“ zu positionieren. Das gilt ebenso für die Versicherungswirtschaft.
Es bestehen berechtigte Zweifel daran, dass die Digitalisierungswelle, die im Rahmen des Lockdowns bei Unternehmen und Konsumenten gleichermaßen eingesetzt hat, wieder abebben wird. Der ehemalige CEO von MediaMarktSaturn sprach in einem Blogpost sinngemäß davon, dass während des Lockdowns auch die „Oma erstmals online eingekauft“ habe.[3] Das Kundenverhalten und die Kundenerwartungen haben sich im Zeichen von Corona nochmals verändert. Darauf deuten beispielsweise Entwicklungen in China hin. Die große Warenhauskette InTime hatte hier im Laufe des Lockdowns individuelle Videoberatungen improvisiert. Die Geschäfte sind längst wieder geöffnet, aber die Nachfrage nach den Videositzungen ist nach wie vor so hoch, dass sich das Unternehmen dazu entschieden hat, diesen Kommunikationskanal weiter zu nutzen.
Videoberatung ist offenbar gekommen, um zu bleiben. Swiss Life Select setzt bereits seit dem vergangenen Jahr auf einen solchen Service. Zur Zeit der ersten Corona-Ausgangsbeschränkung im März und April hatte sich die Nutzung nach internen Analysen versechsfacht. Stefan Butzlaff, Geschäftsführer von Swiss Life Deutschland Vertriebsservice, spricht sogar davon, dass dieses Instrument zu einem „Must-have“ in der Beratung geworden ist.[4]
Nach der Krise ist möglicherweise vor der Krise: Deswegen scheint es angeraten, dass sich Versicherer, die das Thema Video bisher komplett vernachlässigt haben, intensiver mit der Beratung im bewegten Bild beschäftigen. Dies lässt sich auch mit automatisierten Systemen wie Chatbots verknüpfen. Der Chatbot informiert die Kunden bei Routineanfragen rund um die Uhr und nimmt auch jederzeit Terminanfragen für ein Videogespräch mit einem Berater entgegen.
Gerne beraten wir Sie persönlich über die Chancen der Digitalisierung im Versicherungsvertrieb. Sprechen Sie uns gerne an.
[1] https://locationinsider.de/beratung-per-videochat-fliesenhaendler-gustl-leibfried-ueber-die-coronakrise/
[2] https://locationinsider.de/verantwortung-fuer-maskenpflicht-freitag-eroeffnet-virtuelle-diy-werkstatt-neue-plattform-dein-juwelier/
[3] https://etailment.de/news/stories/handel-nach-corona-wolfgang-kirsch-onlinehandel-elektronikhandel-23000
[4] https://www.fondsprofessionell.de/versicherungen/news/headline/swiss-life-experte-zahl-der-videoberatungen-hat-sich-versechsfacht-196929/